In was war sie da nur hinein geraten? Eine ausweglose Lage, dachte sie bei sich, während sie bei Nacht auf eines der Dächer kletterte. Sie musste das Schmuckstück stehlen, um ihre Schwester aus den Fängen eines Sklavenhändlers zu befreien. Dabei hatte diese sich nur gegen einen anzüglichen Adligen zur Wehr gesetzt und hatte damit das Recht auf Bürgerschaft verwirkt. Sie konnte keine Wachen entdecken, also stieg sie durch das Fenster ein.
Sie hatte so was noch nie gemacht und gerade als sie die Kette gefunden hat, stolperte sie über einen Gegenstand. Die Stille wurde von einem dumpfen Aufprall durchbrochen. Jemand im Haus war aufgewacht, denn sie konnte das Fackellicht von unten wahrnehmen. Und gerade als sie mit der Kette zum Fenster auf das Dach springen wollte, spürte sie einen festen Griff um ihre Beine und wurde förmlich zurückgezogen. "Es ist nicht so wie es aussieht, ich habe mich im Haus geirrt." War das erste was ihr in den Sinn kam, aber weder betteln noch flehen half, die Wachen wurden hinzu gezogen.
Als sie bis zum Urteil eingesperrt wurde, versuchte sie eine der Wachen zu überzeugen sie laufen zu lassen. Dieser ließ sich für eine Gefälligkeit darauf ein. Was jedoch von einem anderen Wachmann nicht ungesehen blieb. Allerdings war sie schnell genug um zu flüchten. Sie konnte trotz ihrer Situation nur noch an eines denken: An ihre Schwester. Ich habe den Gegenstand nicht, den der Händler will, daher muss ich sie auf andere Weise befreien. Ein windiger Plan formte sich in ihrem Kopf. Sie besuchte den Händler verschleiert mit ein paar Flaschen Alkohol und stellte ihm diese zum Verkauf in Aussicht. Natürlich mit einer gehörigen Kostprobe, welche sie mit Schlafmittel verfeinert hatte. Sie schnappte sich den Schlüssel und war gerade dabei die Sklaven zu befreien, als sie einen dumpfen Schlag auf den Hinterkopf spürte und ihr alles schwarz vor Augen wurde.
Der Wachmann hatte sie mit einer Hartnäckigkeit verfolgt die seinesgleichen suchte. Ganz zu schweigen von den Torwachen, welche die meisten Sklaven an einer Flucht hinderten. Sie konnte allerdings nicht sagen, ob ihre Schwester es in den wirren des Chaos hinaus geschafft hatte. Aber das sollte nicht länger für sie von Wichtigkeit sein, denn die dunkle Zelle erwartete sie abermals. Ihre Verbrechen: Versuchter Diebstahl, Bestechung eines Wachmanns, Flucht aus der Zelle, Betäubung eines Händlers, und Befreiung von Sklaven. Das Urteil gegen sie war schnell gesprochen: Erst an den Pranger für 3 Tage zur Demütigung. 15 Peitschenhiebe der Öffentlichkeit zur schau. Zur Abschreckung wurde sie in der Wüste ans Kreuz gefesselt, auf das sie elendig vor Durst dahinsieche.
Sie kann sich nicht entsinnen, wie es geschah, aber jemand musste sie vom Kreuz losgemacht haben. Ihr nackter Körper brannte von der Sonne, war durch Peitschen-Striemen geschunden und ihre Psyche angeschlagen von dem was ihr in der Öffentlichkeit widerfahren ist. Wieso wurde sie noch immer nicht vom Tod erlöst? Sah das Schicksal für sie endlose Qualen vor? Es fiel ihr schwer zu atmen, zu denken, doch dann schoss es ihr den Kopf. Sie musste stark sein, wenn nicht für sich, dann für ihre Schwester, welche sich irgendwo da draußen befand. Sie war die einzige Familie die sie noch hatte, welche sie beschützen wollte. Sie hatte es ihrem Vater versprochen. Aber zuerst gilt es zu überleben und sich in der fremden Umgebung zu orientieren.