Der trockene Wüstenwind raubt ihr fast das Bewusstsein. Die tiefen Striemen an den Handgelenken und Füßen, die durch die Fesseln am Kreuz verursacht wurden, schmerzen bei jeder Bewegung. „Bei Seth, wie bin ich hier hergekommen?“ Mit einem Ruck reißt Keshmak sich das Schild von Ihrer nackten Brust. Verteilt wegen Sachbeschädigung, Wollust und Befreiung eines Sklaven. Sie lacht kurz auf. Die Liebe hatte sie also ans Kreuz in das Exil gebracht. Soweit musste es ja kommen. Ausgerechnet ihr musste sowas passieren.
Dem nüchternen und rationalen Mädchen aus der Tempelschule des mächtigen Seth. Ihr Lehrmeister, Abn Dal Sunai hatte große Stücke auf sie gehalten. Mächtig war ihre Gabe. Das kleine Mädchen, das vor rund 15 Jahren ihr Heimatdorf am Rande der stygischen Grenze zum Königreich Keshan verlassen musste. Sie sieht immer noch ihren erbärmlichen Vater mit dem Beutel Kupfermünzen in der Hand, die er durch den abgerissenen Seth-Priester des Dorfes erhalten hatte. 8 Kinder hatte die bettelarme Familie. Als einziges Mädchen war sie sich schon immer überflüssig vorgekommen in dieser Welt aus Arbeit, Schmerz und Leid. Am Rande der stygischen Wüste ist das Leben hart, die landwirtschaftlichen Erträge gering. Die uralten, längst vergessenen Ruinen einer längst vergangenen Zivilisation im Wüstensand in der Nähe des Dorfes strahlen noch immer ihre unheilige und verderbte Magie aus. Viele der mächtigsten Akolyten der Schlange Set stammen aus dieser Region. Schon früh erkannte Keshmaks Mutter, dass ihre Tochter sehr empfänglich für diese Gaben war.
So wurde Sie für eine Handvoll Münzen verkauft. Ausgeliefert und hilflos musste Sie die Demütigung über sich ergehen lassen. Der alte Dorfpriester schickte sie mit einer Karawane nach Norden. In der stygischen Hauptstadt sollte sie in der Tempelschule das Wissen und die Macht Seth´s erlernen. Die Ausbildung war hart und brutal. Dennoch musste sie zugeben, dass der Glauben an die mächtige Schlange von Tag zu Tag stärker wurde. Der Eifer der mittlerweile jungen Frau entging ihren Lehrmeistern nicht.
Eines Tages wurden vom großen Sklavenmarkt in der Hauptstadt circa 50 Sklaven in die Tempelanlage gebracht. Diese sollten zu Ehren ihres grausamen Gotts am hohen Feiertag geopfert werden. Sofort stach Keshmak der ein junger und kräftiger Nemidier ins Auge. Sein selbstbewusster Gang, seine verachtenden Blicke gegenüber den Sklaventreibern imponierten ihr sehr. In den darauffolgenden Nächten schlich sich Keshmak immer wieder in das Sklavenlager und freundete sich mit Pontoleus an. Er war der Sohn eines alten Adelsgeschlechts in Nemidien. In der großen Schlacht zwischen gegen das Königreich Brythunia wurde er gefangen genommen und als Sklave verkauft. Da es noch wenige Tage bis zum Hochfest von Seth waren, entschloss sich Keshmak, Pontoleus zu befreien. Sie war sich der Risiken bewusst, ein solches Vergehen wurde mit dem Tot bestraft. Gnade und ein Leben in den Schwefelminen von Stygien konnte sie nicht erwarten. So schlich sie sich in das Sklavenlager, die Wachen stellten kein Problem dar, das Gift von Seth wirkte hier vorzüglich. Das Feuer im Lagerhaus war eine Ablenkung. Grell und Hell erhellte es den Himmel der Hauptstadt. Die anschließende Flucht führte Sie in die Wüste. Doch das Glück war weit weg an diesem Tag. Die Tempelwachen ergriffen das verliebte junge Paar und schleifte sie zurück in die Hauptstadt. Der anschließende Prozess vor dem Seth-Gericht war kurz. Pontoleus wurde sofort mit dem Tode bestraft, die vorausgegangenen Qualen waren furchtbar. Noch immer hört Keshmak seine Schreie in der Nacht.
Nur durch das Zutun ihrer Lehrmeister entging Keshmak dem sofortigen Tot. Die Strafe war das Kreuz, das Schicksal der Götter ihr Richtmeister. Doch Seth zeigte Gnade mit seiner gelehrigen Schülerin.
Nach endlosen Tagen des Überlebenskampfes im Exil schloss sich Keshmak anderen Exilanten an. Diese bewohnen eine alte Bergfestung im Nordosten des Landes. Die Festung wurde ausgebessert, sie selbst errichtete einen großen Tempel zu Ehren ihres Gottes. Das Leben ist hart, aber in der Gemeinschaft steigt die Chance des Überlebens. Wer sich nicht beugt, wird von dem Clan der „Hohen Festung“ versklavt. Das Land ist voll mit herumstreifenden Exilanten. Genug Opfergaben für die Schlange. Der Komfort der Hauptstadt und der Tempelstadt sind ein schmerzlicher Verlust für Keshmak, aber sie sieht die Möglichkeiten dieser rauen und doch faszinierenden Welt.
-- wird fortgesetzt --