Weiter... immer weiter... Monoton bewegen sich meine Füße über den noch kühlen Sand. Nur noch eine Stunde bis die Sonne aufgeht und danach ihre beissenden Krallen in meine geschundene Haut bohren wird. Bis dahin muss ich Schatten finden. Oder noch besser... endlich Wasser.
Meine Gedanken laufen träge mit, erinnern sich wie alles kam.
Ich war in unserer kleinen Hütte und half Mutter, den Topf auszubessern. Errin, mein kleiner Bruder und Marissa, die kleine Schwester waren auch da und arbeiteten leise an diesem Abend. Da wurde die Tür aufgerissen und Mara stürmte herein, ihr Gesicht in Angst verzerrt. Sie stieß die Tür zu und bewegte sich rückwärts weiter in den Raum.
Verdammter arroganter Krieger... warum hatte er es nicht dabei belassen können? Der Mistkerl hatte zuviel getrunken und mit Mara etwas anfangen wollen, was sie nicht wollte. Sie hatte sich losreißen können und war nach Hause geflohen. Doch er war ihr gefolgt und so flog die Tür kurz darauf auf. Der Krieger blinzelte in die Dämmerung des Raums und schrie "Was rennst du vor mir weg, Weib?"
Er war im Begriff, sich auf Mara zu stürzen, doch Errin und Marissa waren ihr bereits zur Hilfe geeilt. Alle zusammen stürzten wir uns auf die wütende Bestie von einem stinkenden Krieger, der nicht mehr dazu kam, seine Waffen zu benutzen. Schläge und Tritte brachten ihn zu Fall, doch er gab nicht nach, brüllte und teilte heftig aus. So dauerte es eine Weile, dann verstummte das Brüllen und es wurde sehr ruhig in der Hütte. Nicht nur das Brüllen war verstummt, er atmete nicht mehr. Langsam begriffen wir, was wir da getan hatten... und was unweigerlich folgen würde.
Bald würden sie ihn suchen. Errin schaffte es, zwei Pferde zu stehlen. Mehr war nicht möglich. Wir mussten weg. Ein Pferd für Mutter und Errin, eines für Marissa und Mara. Ich nahm das Schwert des Kriegers und meinte "Ich halte mich abseits der Wege... sie werden mich nicht bekommen". Das war eine Lüge, wie jeder wusste. Der Abschied war kurz und Mutter hatte Tränen in den Augen. Dann begann unsere Flucht. Ich hoffe, ihre Pferde waren schnell genug, um zu entkommen.
Am nächsten Tag hatten sie mich eingeholt. Drei Krieger auf Pferden. Zwei sprangen ab und kämpften mich schnell nieder. Ein paar Rippenbrüche, eine verstauchte Hand und ein lädiertes Auge waren ein geringer Preis, doch ich wusste, was nun kommen würde.
Sie knüpften mich an einem Kreuz auf, wobei der dritte Krieger nun auch etwas tat und meine Fesseln festzog. Sein wölfisches Grinsen vor meinem Gesicht, sein stinkender Atem und seine leise geflüsterten Worte "Er war ein Schwein. Du hast mir einen Gefallen getan, Kleiner. Deshalb ... tue ich dir auch einen". Damit zog er die Fessel an der rechten Hand nicht sehr fest.
Ein Sandsturm nahte und die drei Reiter machten sich wieder auf den Weg, überließen mich meinem Schicksal.
Die Sonne geht auf, schickt ihre ersten tastenden Strahlen über die endlosen Hügel feinen Sandes. Ich liebe dieses Bild, diese weite freie Landschaft. Wenn schon sterben, dann hier in der endlosen Weite des Sandes. Die Gedanken verwirren sich langsam... es wird der Wassermangel sein. Noch einen Tag... höchstens.
Der kleine grüne Flecken verunstaltet das Gelb des Sandes am Horizont. Dann, langsam, ganz langsam, tröpfelt die Erkenntnis in meinen Geist, während mich meine Füße mechanisch weiter tragen. Pflanzen... Wasser... vielleicht weitere Menschen? Ein heiserer Schrei der Freude durch meine ausgedörrte brennende Kehle.
Hoffnung.