...und Dunkelheit das Land umfing, erhellte nur der Schein der Fackeln einen kleinen Platz oberhalb einer Anhöhe zwischen riesigen schwarzen Gemäuern. Schwärzer als die Nacht waren die Umrisse der Ruine - selbst in der dunkelsten Stunde - zu erkennen und verliehen diesem Ort einen schauderhaften Anblick, der selbst gestandenen Männern zuweilen eine Gänsehaut bescheren konnte.
Der beißende allgegenwärtige Schwefelgeruch und die Geräusche dieses Ortes trugen ebenfalls zu seiner unangenehmen Atmosphäre bei. Ob es der Wind war, der in den Gemäuern heulte oder nicht? Unter einigen, die diesen öden Fleck in der Landschaft kannten, waren bereits Gerüchte von rachsüchtigen Geistern und Schlimmeren aufgekommen. Dennoch war es ein idealer Ort für Verhandlungen besonderer Art - abseits neugieriger Blicke und gespitzter Ohren, für Unterredungen, die besser im Verborgenen geführt werden.
Eine schlanke Frau in gold-brünierter Rüstung ging auf und ab, Ihre Anspannung war selbst im Zwielicht der Flammen nicht zu übersehen. Sie warf einen Blick, gemischt aus Neid und Argwohn, auf ihren Leibwächter Bromm, der in aller Friedlichkeit auf einer der Bänke zusammen gesackt war und nun schlummerte.
Fast lautlos schälte sich bald ein mit Speeren und Schilden bewaffneter Trupp aus den Schatten heraus und kam im Schein der Fackeln zum Stehen. Celaine verharrte einen Moment, als die Gruppe von Soldaten sich teilte und ein Mann in edlen weißen Gewändern und güldener Schärpe gehüllt aus ihrer Mitte lachend nach vorne trat.
"Celaine, ich glaubte es kaum, als Dein Bote mir die Nachricht überbrachte - aber bei Mitra!
Hier bist Du! - und das offensichtlich nicht tot!"
Die hellblauen Augen des blondgelockten Aristokraten ruhten auf der Frau, sie verrieten erst Belustigung, dann Abscheu und Mitleid, wobei Mitleid wohl das Schlimmste war, das man Ihr entgegen bringen konnte.
"Antalus, es freut mich, wieder mit Euch Geschäfte machen zu dürfen."
Sprach Celaine, die ein freudloses Lächeln aufsetzte und sich bemühte ihre Züge und Stimme soweit unter Kontrolle zu haben, um seinen Blick auszuhalten. Diese Begegnung schien unerwünschte Erinnerungen in ihr wieder aufkeimen zu lassen.
"Ob wir ins Geschäft kommen, wird sich erst noch zeigen müssen.
Man munkelte, dass man Dich ans Kreuz gebunden hat und doch machst Du wieder Geschäfte."
Er neigte den Kopf und musterte die Frau abschätzend.
"Wobei Du nicht sonderlich erfolgreich warst, wenn man bedenkt, wo Du Dich jetzt befindest.
Du hättest bei Deinem früheren Handwerk bleiben sollen."
Sie hasste es, wenn sie sich zu einer Rechtfertigung genötigt fühlt und erwiderte ihm lediglich mit knapp bemessenen Worten aus zusammen gepressten Lippen.
"Ich wurde verraten und das weißt Du auch."
Ein Moment der Stille trat ein und sein Blick taxierte die Umgebung, doch viel gab die Dunkelheit nicht zu erkennen.
Man sah hin und wieder ein paar Schatten umher huschen - Bedienstete, die damit beschäftigt waren Kisten von einer Stelle zur nächsten zu tragen. Sie schienen es gewohnt im Schutze der Dunkelheit zu arbeiten.
Der wache Blick des Aquiloniers wanderte zu dem Hünen, der noch immer in einem tiefen Schlaf versunken war und schließlich wieder zu Ihr.
"Was ist das hier? Eine Art Lagerplatz? Was führst du im Schilde?"
Er erwartete keine Antwort und selbst wenn Cel die Stimme erhoben hätte, würde er wohl weiter reden.
"Ich bin gekommen, weil ich mit eigenen Augen sehen wollte, ob du noch lebst und wegen dem, was Dein Bote mir versprach.
Also, was willst Du?"
Nun war es Celaine, die einen Schritt auf ihn zu trat und sich zu Ihrer vollen Größe aufrichtete, sie war mindestes so hochgewachsen wie Ihr Gegenüber, wenn nicht gar größer.
"Ich brauche Soldaten, 150 Speerträger, 100 Bogenschützen und eine Kavallerie mit 50 Reitern."
Die Cimmerierin kannte die Leidenschaft des Aristokraten für den blutigen Kampf Mann gegen Mann, zumindest wenn er ihn nicht selbst austragen musste. Regelmäßig ließ er seine besten Kämpfer in Arenen antreten und setzte große Summen bei Wetten auf sie ein. Wilde Frontkrieger aus den Nordlanden, fähige kushitische Bogen- und Armbrustschützen, stygische Meuchelmörder und die besten hyrkanische Reiter, die man sich für Geld in seine Dienste stellen konnte, befanden sich in seiner kleinen elitären Privatarmee.
Aber das Einzige was noch größer war als sein Hang zur Gewalt, war die Gier des Aquiloniers und darauf hatte sie sich verlassen, als sie den Boten mit der Nachricht zu Ihm schickte.
Celaine, die früher einmal die Drecksarbeit für Ihn erledigt hatte und später ihren eigenen Geschäften nachging, hatte selbst einmal in einer Arena kämpfen müssen und mit schmutzigen Tricks einen Mann getötet. Das hatte Ihn so sehr beeindruckt, das er sie in seine Dienste aufnahm.
Es dauerte nicht lang, dass die junge Frau aus Cimmerien gewisse Aufträge für Ihn erledigte, bis sie schliesslich ihre eigenen Kontakte für sich nutzen konnte.
Antalus zog die Brauen zusammen.
"Bist Du noch bei Sinnen?
Hast du überhaupt eine blasse Ahnung davon, was Du von mir verlangst?
Und wofür in Mitras Namen brauchst Du meine Soldaten?"
Sie schüttelte nur den Kopf, als wolle sie nicht darüber reden und doch wusste sie, dass er nicht locker lassen würde.
"Ich habe mir Hilfe von einem hiesigen Klan geholt, um meine Geschäfte wieder aufnehmen zu können."
Sprach sie mit gedämpfter Stimme, worauf Antalus Ihr geradewegs ins Gesicht lachte.
"Ha! Und nun haben sie Dich am Arsch, ist es nicht so?"
Ihr wütendes Schweigen sprach Bände und ihre Bemühungen die Fassung zu behalten, wurden von dem arroganten Aquilonier buchstäblich in der Luft zerfetzt.
Nachdem er schliesslich mit einem seiner Bediensteten sprach, was für Celaine wohl eine gefühlte Ewigkeit andauerte, wandte er sich Ihr wieder zu.
"Du besorgst mir was ich haben will, ansonsten hast Du ein noch größeres Problem als deine Scharmützel mit den Barbaren hier."
Er blickte sie wieder mitleidig an.
"100 Fußsoldaten und 50 Bogenschützen bekommst du, mehr nicht!"
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Ein paar Tage später überschlugen sich die Ereignisse.
Der Plan war bei einem Gelage die Festung der Hunde von ein paar der alteingesessenen Klanmitgliedern, die Navar noch immer die Treue hielten und auf seine Rückkehr hofften, zu entledigen. Allerdings war Celaine nicht die Einzige, die auf den Thron steigen wollte. Es kam zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung mehrerer Parteien nachdem sich zwei Offiziere gegenseitig den Schädel einschlugen. Celaine und ihre Leute entkamen um Haaresbreite und die Festung wurde nach der Revolte von den übrigen Hunden verbarrikadiert.
Es wäre ein leichtes auszuharren und vereint mit Celaines Söldnern und den Truppen von Antalus gegen die Festung vorzugehen, aber es blieb keine Zeit mehr zu warten. Der Feind würde es auch nicht tun.
Cel sammelte alle Söldner und treue Kämpfer, die sie finden konnte und setzte alles auf eine Karte.
Sie hatte nie einen Gedanken an das Ende verschwendet, doch nun hatte sie das untrügliche Gefühl zu weit gegangen zu sein und das der Tod seine kalten Klauen nach Ihr ausstreckte.
Das und die Tatsache das einige Ihrer fähigsten Männer sich kürzlich mit besagten Feind einließen, schnürten Ihr die Brust zu und ein fremdartiges Gefühl der Furcht berührte Ihr Herz, wie sie es noch nie zuvor verspürte.
Entweder sie nehmen die Festung jetzt ein oder sie stirbt bei dem Versuch.