Das Jagen, Holz hacken, Steine sammeln, das Flachs zum Zwirn verdrehen und die Häute von den Körpern ziehen, ließ mich die Zeit nicht wahrnehmen und meine Gedanken konnten fokussieren. Mehrere Monate sind vergangen als ich den letzten Kontakt mit Meister Kába hatte und der war alles andere als erfreulich. Er erzählte mir, dass sein Clanoberhaupt mit einem anderen Clan im Krieg wäre und gab mir eine Vorausschau der nächsten Zeit um mich auf meine Aufgaben vorzubereiten.
Und ich verlor ein Teil der Aufzeichnungen…
Als die Sonne langsam ihren Tageslauf im Westen abschloss, beschloss auch ich zu meiner Behausung zurückzukehren, und die Fragen auf die ich mich fokussieren konnte, drängten auf Beantwortung.
Das flackernde Licht, welches in der Ferne die Behausung beleuchtete, zauberte ein beruhigendes Gefühl ins Gesicht…der Meister, war erwacht.
Die Treppen zu meinem Jagdlager schienen einfacher zu steigen und das obwohl der Beutesack prall gefüllt war. Die Tür zum Lagerfeuer war geöffnet und Meister Kába saß schmerzerfüllt auf der Bettkante. Als er mich und meinen Beutesack sah, nickte er lächelnd und schaute zum Feuer, was bedeutet, dass ich meine Arbeiten abschließen und mich zu ihm gesellen solle.
Ich stand in der Tür und schaute zu Ihm. Kein Fuß wollte den ersten Schritt setzen. Kein Wort wollte als erstes über die Lippen kommen. Eine unnatürliche Ruhe durchbrach die Stille, welche lauter war als ein Insekt.
„Setz dich zu mir Ramin. Du hast doch sicherlich Fragen in dir.“
Die Ruhe setze sich in seinen Worten fort und ich spürte die Energie die zu mir zurückfand. Langsam ging ich hinein, zog einen Stuhl ans Bett und setzte mich. Mein Blick galt dem Feuer, welches beruhigend auf Körper und Geist wirkt.
„Wochen, Monate Meister. Die Fragen die ich habe, übersteigen die Fragestellung selbst. Wie konntet ihr es wissen?“
„Gut…gut, mein Schüler, ich merke, du hast dazugelernt.“ Wobei er dieses listig freundliche Lächeln aufsetzte, welches augenscheinlich auch Auswirkungen auf seinen Zustand hatte.
„Doch bevor ich dir auf diese Frage eine Antwort geben kann, muss Zeit vergehen. So fragt erneut.“
Verdutzt schaute ich Meister Kába an, denn er hielt ein paar Seiten seiner Aufzeichnungen in der Hand…Eintrag 21, 22 und 23…wobei er den 23ten Eintrag von mir wegdrehte. Ich schaute ins Feuer und vernahm die wohlige Wärme auf meinem Gesicht.
„Was ist geschehen?“
„Der Anspruch!“
Welcher Anspruch?“
„Der Anspruch auf den Wert, den man gern hätte, wo man aber weiß, dass man ihn nie bekommt!
"Wie du weißt, hörte man den Kriegsruf in unseren Hallen, weswegen ich dich mit einer Nachricht aussandte. Mir war bewusst, dass Quen nicht aufgeben würde aber auch, das die Verbannten nicht zurückweichen. Ich bemerkte, dass meine Warnung an Quen abprallte und erkannte das auflodernde Feuer in ihren Augen. Es gab kein Zurück.
Ich verfolgte dich auf deiner Wanderung die zu meiner wurde und konnte dich so immer gut im Auge behalten, nicht, das ich dir die Wanderung nicht zutraute, sondern eher das ich wusste, wo du dich niederlässt.“
„Aber Meister, eure Aufgabe für mich war doch…“
mit der rechten Hand erhob er einen Finger und unterbrach mich bei meiner Verwunderung.
„Als du die ersten Podeste anfingst zu errichten, zog ich zurück zum Clangelände um weitere Schritte einzuleiten. Als ich in der Nähe unseres Hochplateaus angekommen war sah ich in der Ferne Rauchschwaden und dumpfe Einschläge. Nun musste ich mich beeilen und dabei vorsichtiger sein als sonst schon…ich wurde zum Schatten. Trebuches…schossen auf die Bergfeste ein. Steine, Geröll und Hölzer zerbarsteten und fielen zu tausenden den Berg hinab. Mir blieb nichts anderes als abzuwarten.“
Er atmete tief durch und blickte nachdenklich ins Feuer.
„Es dauerte auch nicht lang bis wieder Ruhe in dieses Gebiet einzog und so konnte ich zum Hochplateau zurückkehren. Verwüstung und Zerstörung. Nicht vieles war mehr vorhanden und die Vorratskisten waren leer. Ich schaute nach Überlebenden, fand aber niemanden…selbst Quen nicht…und so wie ich sie einschätze, konnte sie rechtzeitig fliehen…was mehr als vernünftig wäre, angesichts ihrer Situation.
Für mich war klar, dass der Clan so nicht weiterexistieren konnte und jeder einen Neubeginn wagen sollte. So zog es mich zurück zu dir. Doch auf dem Weg hierher war ich unvorsichtig. Ich wurde von Verbannten am Fluss gesehen und gejagt, obwohl ich ihnen zurief das sie sich vor mir nicht zu fürchten hätten und das ich nur ein Wandersmann bin, verstanden sie nicht was ich meinte. Sie wollten mich aufknüpfen. Also rannte ich den restlichen Weg zu dir durch Gestrüpp und Gestein und wurde von einer Hyäne bei Nacht überrascht.“
Ein nachdenkliches Kopfschütteln endete mit einem kratzen an der Stirn…
„Woher ich es wusste fragst du?“
Verblüfft schaute ich zu ihm…
„Ja, woher habt ihr es gewusst – Eintrag 22 ich las es in euren Notizen?“
Meister Kába lächelte das Feuer an und drehte leicht seinen Blick zu mir…
„Zeit, mein Schüler, ist ein wunderliches Ding, welches nicht mit einer Antwort abzugelten ist.
Alles hat seine Zeit…Alles, Ramin.“
Sein Blick ging wieder zum Feuer zurück und ich versuchte seinen Worten zu folgen, welches nicht immer einfach war.
Die nächtliche Ruhe und das knistern des Lagerfeuers, ließen den anstrengenden Tag in harmonischer Weise ausklingen.