Der Wolf und der Tod ... Teil I
Ein Klopfen. Ein langsames Pochen dröhnte durch die Halle des Langhauses. Es war ein Laut wie aus der Hölle. Selbst das Knistern des Feuers schien stumm zu werden, denn Unheil schwängerte die Luft wie ein unsichtbarer Nebel. Es war das leise Geräusch der klackernden Knochen, die der Häuptling der Eisenwölfe um den Hals als Trophäen trägt, welche sich als erstes wieder in der Stille erhebt. Langsam stemmte er sich auf seinen vom Schmieden aufgerauten Pranken in die Höhe, zu der ehrfurchtgebietenden Größe seiner beeindruckenden Gestalt. Ausgeprägte Muskeln, von der Arbeit an Esse und Amboss und dem Kriegshandwerk, zieren seinen gesamten Körper, ebenso wie die unzähligen Spuren des Krieges, Narben überlebter Schlachten und Kämpfe.
Auf seinem Haupt der einschüchternde Schädel eines Raubtieres, geschmückt mit einem Kamm aus blauen Federn. Die Farbe des Tunog-Clans. Die Farbe der Wölfe, mit den eisernen Klauen und Fängen. Ein leises Scharren ist zu hören, als er den Kriegshammer ein Stück über den Boden schleift, ehe er ihn auf die Schulter wuchtet, auf seinem Weg zur Pforte des Langhauses. Schweigend und stumm tritt er an den Männern und Frauen seines Clans vorüber, die ihm ihm wortlos mit den hellen Augen folgen.
Krachend fliegt die Tür des Langhauses auf und der hünenhafte Schmied tritt hinaus in die Abenddämmerung der Wüste. Und da stand er vor ihm.
Tulak Rar. Die große aber dürre Gestalt. Gekleidet in eine dunkle Robe, die weit im Wind des heißen Landes um seine Glieder flattert. Die Fingerspitzen, lang und hager wie die Glieder einer Spinne, verschwörerisch aneinander gelegt. Zwei listige Augen blickten ihm wach unter den weißen Brauen des Greises entgegen.
"Der Schmied ... ihr seid so kunstfertig, wie ich höre ... und doch sehe ich keine Stätte zu der Huldigung meiner unermesslichen Macht. Sagt mir, Cimmerier, verabscheut ihr das Leben so sehr, dass ihr euch an eure Entscheidung klammert, wie ein Ertrinkender an den Anker seines sinkenden Schiffes?" Die Stimme des Magiers schnitt durch die Luft, geschliffen und tückisch wie ein Messer in der Dunkelheit.
"Wir werden uns nicht beugen ... wir sterben lieber aufrecht, als
auf Knien zu leben" Die tiefe und dunkle Stimme des Hünen war ein
donnerndes Grollen. Und auch wenn sich die Miene des Hexenmeisters
daraufhin kurz ob des Protestes dieser einfältigen Barbaren
verfinsterte, wich es doch rasch einem amüsierten Funkeln in den
grausamen Augen. Langsam beugte sich der alte Mann in der Robe hinab,
und vergräbt seine Hand im Sand, wie einen Skorpion, bereit Beute zu
schlagen. Ein hallendes Lachen schallte weit über die Ebene des Dorfes
und es schien aus allen Richtungen des Windes zugleich herangetragen zu
werden und ein ohrenbetäubender Lärm schwoll daraus heran.
Doch der Schmied stand dem Nekromanten nicht allein gegenüber. Zwei Kriegerinnen standen an seiner Seite. Zur rechten hatte sich Gretha aufgerichtet. Beinahe so groß wie er selbst, kräftig und am ganzen Leib von Narben geschmückt. In einer Hand der von Stahl eingefasste Schild, in der anderen die doppelt geschliffene cimmerische Labrys, die Axt ihres Volkes. Er liebte dieses Weib und wenn es so sein wollte, würde er mit ihr untergehen. Das tosende Blau ihrer grimmigen Augen blickte dem Hexenmeister mindestens ebenso grimmig entgegen, wie der Hüne selbst.
Zu seiner Linken hatte sich Whisp aufgebaut, eine geheimnisvolle Kämpferin, gehüllt in eine knöcherne Maske und Tücher in den Farben des Clans. Gewappnet mit einem ehernen Dolch und einer langen geraden Klinge aus der Schmiede des Wolfes selbst. Es schien als würde hinter der Maske nur Kälte und Tod lauern, denn keine Regung zeigte sich dem Magier dabei.
Dann brach die Hölle über den Eisenwölfen herein. Knöcherne Klauen und Hände gruben sich ihren Weg durch den Sand hinauf an die Oberfläche. Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und nur noch einige vereinzelte Strahlen vermochten es die Szene zu erhellen und in ein gespenstisches Licht zu tauchen. Es war ein heilloses Chaos als die finsteren Kreaturen losbrachen und blutige Ernte zu halten suchten. Beinerne Krallen rissen das Fleisch von den Knochen cimmerischer Krieger. Alte stygische Schwerter schnitten tief, geführt durch die dürren Händen der untoten Soldaten des Nekromanten. Klirrend und krachend stürmte die untote Heerschar auf den Clan mächtiger Krieger herein. Während die sich Cimmerier grimmig brüllend in die Schlacht stürzten, war von ihren Gegnern nur das leise Klackern und Klicken der morschen Gelenke zu hören und der unheilvolle Gesang von gespannten Sehnen und sirrenden Pfeilen erfüllte das Dorf.
Dröhnend schien das grausame Lachen und der Spott des Magiers sich über die verzweifelten und grimmigen Krieger zu ergießen. Immer mehr und mehr der finsteren Kreaturen erhoben sich vor den Augen des hünenhaften Kriegerschmieds und er nickte den beiden Frauen an seiner Seite zu.
"Wir sind Eisenwölfe!" Der donnernde Schrei des Schmiedes brach krachend wie ein Blitz durch den Tumult des Gemetzels. Und es war Schlacht- und Weckruf zugleich für die Cimmerier. Dann stürmten die drei gemeinsam los. Der gewaltige Hammer des Schmiedes traf mit brachialer Gewalt. Weit geschwungen brachen mehrere Schädel der unheiligen Kreaturen zugleich berstend unter seinem Zorn und beinerne Splitter erfüllten wie Schrapnelle die Luft. Mit einem wilden Kriegsschrei auf den Lippen stürzte sich sein Weib an seiner Seite in den Kampf. Polternd wurde ein Gerippe mit einem Stoß des Schildes in den Sand geschickt, ehe ihre Ferse auf den Schädel herniederfährt, diesen einfach unter ihrer Sohle brechend, während die Axt bereits den Brustkorb eines weiteren untoten Dieners zerschmettert.
Whisp dagegen war still. Sie war wie ein Schatten, der den Feinden den zweiten Tod mit einer Gewissheit brachte, die erschreckend anzuschauen war. Keiner der Hiebe schien sie zu treffen. Sie duckte sich und wand sich aus jedem Angriff heraus, nur um wie beiläufig die eigene Klinge kraftvoll gegen die morschen Knochen zu führen, sodass diese hinter ihr zusammenbrachen und im Staub endeten, ohne dass die maskierte Kriegerin sich nach ihnen umwandt.
Hitzig tobte der Kampf in dem Dorf und einige der Skelette
hatten Fackeln entzündet und damit die Strohdächer der Hütten in Brand
gesetzt. Die Flammen züngelten in die Dunkelheit der hereingebrochenen
Nacht und ein feuriges und flackerndes Licht war es nun, das die wild
tanzenden Schatten der unermüdlich streitenden Wölfe und Untoten zum
Leben erweckte. Mit verdrehten Gliedern und aufgerißenen Leibern lagen
viele cimmerische Krieger im blutigen Sand der Ebene, gebettet auf den
unzähligen Knochen
und Schädeln ihrer Feinde, die sie erschlagen hatten, bevor sie
überwältigt wurden. Die Augen starr zum Himmel gerichtet, wo Crom in
seinem unendlichen Grimm auf die Welt hinabblickt von seinem Berg aus.
Doch
der letzte untote Schädel zerbirst unter dem Schlag des Schmiedes und
er tritt langsamen Schrittes auf den Nekromanten zu. Die Schlacht hatte ihre Spuren
hinterlassen. Tiefrote Spuren von Krallen zogen sich über seine Arme,
Beine und den Rücken. Die Kriegerin zu seiner Rechten hielt ihren Schild
etwas tiefer als gewöhnlich. Ihr Arm war müde und etwas lahm geworden
von den wuchtigen Schlägen der unermüdlichen Kreaturen
aus der Unterwelt und selbst Whisp, das tödliche Flüstern des
Sensenmannes, sank für einen Moment auf die Knie, erschöpft und
ausgelaugt durch den Kampf, der bereits lange genug angedauert hatte,
damit sich zu dem Schein des brennenden Feuers das silberne Licht des
Mondes hinzugesellt hat.