Dschamal hatte nicht zuviel getrunken. Er hatte es Barloran
überlassen und in der Tat schien diesem der Umtrunk gut zu tun. Shaya hatte wie
so oft recht behalten.
Nur in einem hatte sie sich getäuscht. Sein Zorn wohl der
Anlass.
Sie hatte ihn an die Vereinbarung erinnert, die zwischen
ihnen bestand. Aber das war es nicht gewesen und er hatte es nicht vergessen.
Keine Ketten, für beide.
Es gab einen Grund warum er sich daran halten würde,
über allem anderen. Abermals verfluchte er seine Stummheit. So viele
Missverständnisse, so viel ungeklärtes.
Ja, ihm lag an Shaya und wenn er in sich selber lauschte,
auch nicht wenig, aber sie war ihr eigener Herr und würde ihren eigenen Weg
gehen, wie auch er und so wie es besprochen war.
Ja, er war an diesem Abend Zornig gewesen. Wut auf diesen
Tulak Rar brannte in ihm. Er bedrohte die Stadt und alle die darin waren.
Der Zeitpunkt war gekommen, da nun endlich die Sklavenmeister die ihn stumm gemacht hatten ihr Ziel erreichten. Seine Stummheit hatte Schaden angerichtet. Wie groß, das mochten die Götter wissen.
Da war da dieser Mann in die Stadt gekommen. Zuerst waren es große Worte gewesen, Sinnvoll wohl und gut und richtig im Klang. Er hatte nicht verhindern können das Worte gesprochen wurden. Gefährliche Worte und den Göttern sei Dank nicht zu viele, aber es war geschehen. Er misstraute diesem Fremden. Kaum hatte sich Dschamal vom ersten Schreck erholt, als sich seine Befürchtungen bestätigten. Von einem Bund mit Tulak Rar sprach dieser, zum Schein wohl. Von dem, diesen Bund zu nutzen um Dschamal die Stimme wiederzugeben. War dieser Mann bei Sinnen ? Er sprach von den alten Reichen und ihrer Macht und nannte Dschamal einen Blutsbruder. Selbst wenn dieser Mann es nicht zum Bösen meinte und letztlich wirklich Tulak bezwingen wollte, so war er im Augenblick zu einer unglaublichen Gefahr geworden. Dschamal versuchte den anderen klarzumachen das dieser Mann nirgendwo mehr hingehen durfte. Nicht Heute, nicht Morgen und vielleicht nie mehr. Nicht solange dieser Tulak Rar hier war. Doch gerade jetzt versagte alles.
Der Mann ging...
Dschamal wurde von Furcht erfüllt, nach so langer Zeit. Furcht um Die Bewohner der Stadt, Furcht um die Stadt selbst. im Wechsel mit Wut auf diesen Mann und auf sich selbst und die Unfähigkeit zu sprechen.
Eins jedoch war ohne Zweifel. Sollte sich herausstellen das auch nur ein Wort dieses Mannes Tulak erreichte. Ein Hauch nur, der die Stadt hier in Gefahr brächte, so würde nichts mehr diesen Mann retten. Dschamal selbst würde das Blut dessen vergießen, verteilt auf die Altäre der wahren Götter. Und sei es, das dieser sich im finstersten Loch vergrub, er würde gefunden werden. Er würde ihm keine Gelegenheit geben, wieder zu entkommen. Kein zweites Mal. Er hatte sich dessen Namen gemerkt und er würde ihn nicht mehr vergessen.
Die Bewohner waren ihm nicht mehr so gleichgültig wie er es sich
wünschte und wie es einst war.
Sie begannen ihm nahe zu stehen und tief in ihm
fürchtete er das alles wieder zu verlieren wie schon einmal alles verloren war.
Doch mehr war es diese Stadt. Wenn er in der Nacht auf den Türmen des Hafens
stand, die Lichter flackernd in der Tiefe.
Die derben Geräusche des
Armenviertels und die Klänge und das Glitzern im Kern der Stadt. Ja, ein
Ungeheuer, fürwahr.
Ein Moloch der einen verschlang und den man gleichzeitig
Lieben konnte wie eine Frau.
Ob er einst wieder einen festen Bund eingehen würde ? Er dachte
an seine Familie die den Weg ins Totenreich beschritten hatte.
Wollte er sich
je wieder binden, musste es wohl die richtige sein. Shaya und Jindira waren ihm
nahe, aber nicht auf eine solche Weise.
Oder würde es diese Stadt sein die dort
unter ihm in der Dunkelheit lag.
Er hatte solche Herrscher erlebt wie Tulak Rar einer war. Es
begann mit kleinen Dingen, Opfern und Diensten und endete in endlosen
Frondiensten die die Menschen aussaugten und sie zu Lebzeiten zu Leichen
machten. Der Hof seiner Eltern hatte eine lange Geschichte gehabt die davon
berichten konnte. Nein, nie wieder.
Dschamal hatte etwas im Sinn und dafür und
für diese Stadt würde er Kämpfen.
Fast so sanft, als würde er eine Frau berühren,
legte Dschamal die Hand auf den kühlen Stein des Mauerwerks während dem Umtrunk mit Barloran.
Nun galt es Zeit zu gewinnen. Er selbst würde versuchen zu
Wüstenblume zu gelangen. Karduum und die anderen würden das ihre tun.
Er ging nur kurz nach Hause um sich umzuziehen. Dann eilte
er in die Unterkunft seiner Bediensteten und weckte Jindira und Vayim.
Er gab
ihnen eine Karte und zwei große Beutel. Dann schickte er sie fort, nicht ohne
Jindira einen langen Blick nachzuschicken.
Er selbst verlies dann das Haus und bewegte sich auf
altbekannten Wegen durch die Nacht zu dem Tempel den Seebrugge errichtet hatte.
Dieses Mal würde es ein Tier sein und trotzdem hasste sich Dschamal für sein
Tun. Nicht des tötens wegen, sondern ob der Sache an sich. Doch es gab ihnen
allen Zeit, Zeit einen Weg zu finden.
Er betrachtete mit eisigem Blick wie sich das Blut am Fuß
der Statue ausbreitete. So es nach ihm ging würde in nicht all zu ferner
Zukunft, hier anderes Blut fliesen, das des Tulak Rar selbst und wenn es sein
musste, am besten das der Seherin und dazu. Die Zauberei Brachte nur wenig
Glück und schien den Geist zu verwirren und in den Größenwahn zu treiben.
Eine gewisse Zeit blieb er noch stehen und blickte die
Treppe hinunter. Barlorans Gesicht ging ihm durch den Kopf als er mit ihm
Getrunken hatte und dieser wohl seiner Gespielin gedachte.
Das alles würde noch mehr kosten, viel mehr….
(( Auf Grund veränderter Umstände wurde dieser Beitrag nochmals neu verfasst ))